Neulich hat meine Tochter sich Kleidung bei Shein bestellt. Wer Shein nicht kennt, es ist ein chinesischer Discounter für Fast Fashion. Die Jugend Europas fährt gerade ziemlich darauf ab. Nun las ich in verschiedenen Zeitungen über das dreckige Geschäft des Konzerns und bin ziemlich empört. Shein-online Bestellungen werde ich hoffentlich nie wieder tätigen. Die Lust darauf ist mir ordentlich vergangen.
Die Nähereihen des Unternehmens stehen in Südchina - genauer in der Provinz Guangdong. Dort wird im Akkord Nachschub für die Modemarke produziert. Die Arbeitsbedingungen für die Angestellten sind miserabel. Sie arbeiten von acht Uhr morgens bis 23.30 Uhr, haben lediglich eine kurze Mittags- und eine Abendpause. Das sind 15 Stunden am Tag! Dafür bekommen sie 6000 Yuan pro Monat, umgerechnet 820 Euro. Die meisten Angestellten senden ein Teil des Geldes nach Hause in ihre Dörfer, wo die Kinder mit den Großeltern leben.
Die Schweizer Nichtregierungsorganisation Public Eye hat kürzlich etliche Arbeiterinnen in Fabriken von Shein befragen lassen. Das Ergebnis ist ernüchternd: Sie arbeiten mindestens 11 Stunden pro Tag und haben keinen Wochentag frei. So kommen sie auf ca. 74 Stunden pro Woche. Einen Arbeitsvertrag erhalten die Arbeiterinnen nicht. An Wochen und Tagen, in denen in den Fabriken der Strom ausfällt, müssen die Arbeiterinnen frei nehmen und bekommen kein Geld. Gemäß des chinesischen Arbeitsschutzgesetzes sind solche Arbeitsverhältnisse eigentlich gar nicht gestattet. Aber es kontrolliert offenbar niemand.
Shein aus China ist in wenigen Jahren zu einer der gefragtesten Kleidermarken der Welt geworden. Es gibt ständig neue Kleidungsstücke, alles wird online verkauft und ist unfassbar günstig. Eine Hose kostet 20 Euro, eine Bluse 12 Euro. Jedes Teil, das einem nicht passt, kann man zurücksenden. Es wird dann oft vernichtet, da der Versand nach China zu teuer wäre. Wegwerf-Mode ist das Konzept von Shein.
Und trotzdem macht der Konzern enorme Umsätze in Deutschland: Nach Schätzungen von Statista machte Shein 2020 einen Umsatz von 235 Millionen Euro. Es gibt - wohlgemerkt - keinen einzigen Shein-Laden in Deutschland. Der Umsatz ergibt sich allein aus dem online-Verkauf.
Als meine Tochter und ich vor einigen Wochen die Shein-Bestellung abschickten, da ahnten wir schon irgendwie, dass das mit Nachhaltigkeit nicht viel zu tun haben kann. Inzwischen fühle ich mich schuldig und bereue, dass wir diese Bestellung überhaupt abgeschickt haben.
Ich frage mich aber auch, warum es überhaupt noch möglich ist, dass in Deutschland solche Produkte verkauft werden, die unter völlig unmenschlichen Bedingungen entstanden sind. Das neue Lieferkettengesetz leistet hier auch keine Abhilfe, weil es nur für Unternehmen in Deutschland gilt. Shein ist jedoch in der Volksrepublik, in Hongkong und auf den Britischen Jungferninseln ansässig.
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