Interview mit Monika Müller, Gründerin der Firma „FCM Finanz Coaching“ in Wiesbaden.
Monika Müller ist Diplom Psychologin und hat früher in einer Suchtklinik und in einer schulpsychologischen Beratungsstelle gearbeitet. Irgendwann in den 90er Jahren verabschiedete sie sich mutig aus dem Beamtentum und startete noch einmal etwas ganz Neues: sie gründete eine eigene Firma für Finanzcoaching. Ich wollte von ihr wissen, was Finanzcoaching eigentlich ist und welche persönlichen Überzeugungen sie zur Firmengründung gebracht haben.
Kann man mit Hilfe eines Coachings Finanzfragen lösen? Welche zum Beispiel?
Ja, kann man, sehr gut sogar. Im Finanzcoaching stehen Fragen zum Umgang mit Geld und Risiko im Mittelpunkt der Gespräche. Ein Finanzcoaching nehmen Menschen in Anspruch, die eine brennende Frage zu Geld haben oder sich bei ihren Finanzentscheidungen einen neutralen Sparringspartner an ihrer Seite wünschen. Bei Privatkunden kann es beispielsweise um folgende Fragen gehen: Wie kann ich mein Erbe auch emotional annehmen? Warum bleibt am Ende des Monats nichts von meinem Gehalt übrig, obwohl ich ein Haushaltsbuch führe? Bei Unternehmern, Finanzberatern und Finanzentscheidern kann ein Finanzcoaching auch zur Lösung komplizierterer Finanzfragen beitragen. Hier geht es um Entscheidungen mit weitreichenden Konsequenzen, z.B. um Firmenverkäufe, Fragen des Portfoliomanagements, Investitionsentscheidungen, etc.
Was unterscheidet das Coaching von einer ganz normalen Finanzberatung?
Das Coaching geht tiefer als eine ganz normale Finanzberatung. Und es soll den Kunden/die Kunden in erster Linie dazu befähigen, eigene Lösungen für Finanzentscheidungen zu finden. Dazu braucht es ein umfassendes und gutes Konzept für wirkungsvolle Fragen. Beratung spricht häufig nur die Ratio an, stellt Fragen, die kaum zum Denken anregen und lässt Gefühle und Intuition außer Acht. Mit Hilfe eines professionellen Coachings lernen Menschen aber bewusstere und bessere Finanzentscheidungen zu treffen, setzen sie leichter um und werden damit ihre Ziele auch schneller und sicherer erreichen.
Was ist eigentlich eine gute Finanzentscheidung? Und wie trifft man sie?
Wir versuchen oft, rational zu entscheiden. Aber häufig stehen uns unbewusste und emotionale Dinge im Weg. Die gilt es zu erkennen und damit im Entscheidungsprozess umzugehen. Bei einer guten Entscheidung spielen drei Sachen eine große Rolle: die Ratio, die Intuition und die Emotion. Eine gute Finanzentscheidung braucht alle drei Elemente und zudem Zeit. Forscher sagen: Die beste Entscheidung ist eine aufgeschobene intuitive Entscheidung. Für Finanzberaterinnen ist es daher ganz wichtig, der Kundin Zeit zu geben, d.h. eine Pause zu geben damit gute Informationen auch wirken können.
Die Finanzberatung heute gibt viele Informationen und spricht somit hauptsächlich die Ratio bei Kunden an. Aber Intuition ist auch ein wichtiger Teil von Entscheidungen und das wird häufig übersehen. Auch mit seinen Gefühlen bleibt der Kunde/die Kundin häufig allein. Alle drei müssen zusammen gedacht werden - erst dann trifft man gute Entscheidungen.
Sind Frauen in finanziellen Fragen/Entscheidungen anders als Männer? Warum? Treffen Frauen generell schlechtere Finanzentscheidungen?
Frauen haben eine andere Sozialisation als Männer, ja. Aber sie treffen nicht generell schlechtere Entscheidungen. Sie haben einfach eine andere Herangehensweise als Männer. Bei Frauen dauert es länger, bis sie sich etwas zutrauen. Sie lesen sich stärker ein, holen sich mehr Informationen ab. Und sie überschätzen sich seltener. Frauen besitzen meist weniger Geld als Männer. Sie verdienen weniger, sind weniger häufig Inhaberinnen von Firmen oder Geschäftsführerinnen. Und Frauen stehen unter einem gewissen Beweisdruck: Bin ich auch „wertvoll“, wenn ich weniger verdiene, bzw. besitze?
Frauen haben in der Kindheit weniger Gelegenheit sich beim Umgang mit Risiko und Führung zu beweisen. Deshalb finde ich Mädchenschulen sind ein interessantes Konzept. Die Wahrscheinlichkeit, dass Mädchen sich zu einer Führungskraft entwickeln ist statistisch gesehen höher, wenn sie ein Mädchengymnasium besucht haben. Das ist schon erstaunlich.
Außerdem muss man berücksichtigen, dass Frauen ganz anders erzogen werden im Umgang mit Geld als Männer. Ich habe Glück. Mir wurde ein gutes Grundlagen-Finanzwissen von den Eltern mit auf den Weg gegeben und auch Vertrauen in meine Fähigkeiten. Aber viele Mädchen bekommen das nicht von zu Hause und haben ein geringeres Selbstvertrauen, bzw. ein geringeres Grundlagenwissen zu Finanzen.
Richtet sich Ihr Angebot eher an Finanzberater/-innen und Firmenleiter/-innen oder an Privatpersonen?
Unsere Firma bietet beides: mein Kollege ist spezialisiert auf Privatkunden. Und ich arbeite hauptsächlich mit Multiplikatoren. Das heißt, ich arbeite mit Personen, die in der Vermögensverwaltung tätig sind oder im Portfolio-Management, in der Finanzberatung arbeiten oder Firmen leiten.
Bieten Sie Finanzcoaching für einzelne Frauen an?
Ja, unsere Firma bietet das an. Das ist das Privatkunden-Finanzcoaching, was mein Kollege Volker Weyrich macht.
Wie wird man eigentlich zertifizierter Finanzcoach? Wie lange dauert die Ausbildung? Welche Kosten sind damit verbunden?
Die Ausbildung zum zertifizierten FCMFinanz Coach® ist eine fundierte Coachingausbildung, dauert 1,5 Jahre und kostet ca. 8500 Euro. Sie vermittelt Kenntnisse und Kompetenzen, die auch Finanzberater und -beraterinnen sehr gut gebrauchen können. Denn hinter dem Beratungswunsch der Kunden steckt oft viel mehr als die Suche nach dem passenden Finanzprodukt. Es ist die Suche danach, wie man berufliche und private Herausforderungen meistern kann. Und das hat viel mit Geld zu tun.
Die Coachingausbildung vermittelt ein vertieftes Verständnis für Geld und Risiko. Ziel ist es, zu erkennen, welche Fragen man als Finanzcoach wann wie stellt. Denn ein gutes Finanzcoaching soll bewirken, dass der Kunde/die Kundin ihre eigenen Lösungen finden – entspannt und mithilfe ihrer eigenen Ressourcen und Kompetenzen. Das Ergebnis sind dann genau diese richtigen Finanzentscheidungen.
Die Coachingausbildung richtet sich vorwiegend an Finanzberater/-innen, Coaches und Psychologen, aber auch an Menschen aus anderen Berufsgruppen und Führungskräfte. Vorkenntnisse auf dem Gebiet der Finanzen sind keine Voraussetzung. Wer mehr über die Ausbildung wissen möchte, kann sich hier informieren.
Monika Müller hat übrigens einen sehr interessanten Blogbeitrag geschrieben zur Frage: Warum uns die Geldanlage so schwerfällt. Diesen findet ihr hier.
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