2019 gab es einen Kapuzenpullover von Zara mit dem Aufdruck „R-E-S-P-E-C-T“. Er wurde für 26,66 € verkauft und stammte aus der „Join Life sustainability line“ von Zara.
Die „Clean Clothes Campaign“, einige Forscher*innen und die Schweizer Nichtregierungsorganisation „Public Eye“ haben damals versucht, herauszufinden, was die Herstellung dieses Pullovers wirklich gekostet und wer wie daran verdient hat. Wichtigste Forschungsfrage war: wurden die Arbeitnehmer*innen mit Respekt behandelt und haben sie einen fairen Lohn erhalten? Das Ergebnis war ernüchternd: Von den 26,66 € ging der größte Teil – nämlich 10,26 € - an Zara. Damit wurden die Löhne der Zara-Mitarbeiter*innen und die Ladenmiete gedeckt. Der zweitgrößte Teil – nämlich 4,20 € - war der Gewinn für Zara. Die Nachforschungen haben ergeben, dass die Textilfabrik in Izmir nur 1,53 € für das Zuschneiden des Stoffes, das Nähen, das Verpacken und das Anbringen des Labels bekam. Von diesen 1,53 € gingen nur 1,10 € an die Arbeitnehmer*innen in Izmir für die 30-minütige Arbeit, den Kapuzenpulli herzustellen. In ihrem Abschlussbericht schlussfolgerten die Forscher*innen, dass die Arbeitnehmer*innen viel zu gering entlohnt worden seien. Ihnen hätte eigentlich ein Stundenlohn von 6,19 € zugestanden, hätte man sie mit Respekt behandelt.
Der Fall des Kapuzenpullovers von Zara ist kein Einzelfall. Bei „nachhaltig“ ausgeschilderter Mode kann die Konsumentin noch lange nicht davon ausgehen, dass tatsächlich faire Löhne an die Arbeiter*innen gezahlt wurden. Nur sehr wenige Bekleidungsfirmen können belegen, dass sie tatsächlich faire Löhne bezahlen (z.B. OVS und Patagonia).
Seit Jahrzehnten wird Mode immer billiger und billiger. Ein Grund dafür ist, dass die Firmen nicht mehr zu Hause, sondern in weit entfernten Ländern produzieren lassen. In diesen Ländern werden viel geringere Löhne gezahlt, es gibt schwächere Gewerkschaften und laxere Umweltschutz-Regeln. Natürlich wissen wir Konsumentinnen das, aber wir haben uns auch an die Vorteile gewöhnt: unsere Vorstellungen, was Mode kosten darf und wie viel wir davon brauchen, hat sich enorm verändert. Noch 1970 gaben wir – gemessen am Jahreseinkommen – ca. 7 Prozent für Kleidung aus. Inzwischen sind es nur noch 5,9 Prozent. Die Tendenz geht auch in Richtung eines immer volleren Kleiderschrankes. Die Marken Shein und Alibaba verkaufen Kleidungsstücke unter einem Preis von 3 €. Dass das nicht mit nachhaltiger und fairer Herstellung einhergeht, ist logisch.
Muss man aber viel Geld ausgeben, wenn man nachhaltige Mode einkaufen möchte? Nicht unbedingt. Schon ein paar kleine Tricks können helfen, sich beim Modekonsum etwas nachhaltiger auszurichten – ohne viel mehr Geld ausgeben zu müssen:
1.) Vermeide Polyester, denn es wird aus fossilen Brennstoffen gemacht und wird generell verwendet, um Kleidung billiger zu machen.
2.) Wenn du herausfinden möchtest, ob ein Kleidungsstück ethisch produziert wurde, dann geh entweder auf die Webseite des Herstellers, um genaue Informationen zu bekommen (obwohl viele Hersteller nicht viel preisgeben) ODER gehe auf die Webseite „Good on You“, die verschiedene Bekleidungsfirmen bewertet hinsichtlich ihres Einflusses auf den Planeten Erde, die Menschen und die Tiere. „Good on You“ zeigt, dass besseres Einkaufen mit jedem Budget möglich ist. Du könntest zum Beispiel von einer sehr schlecht bewerteten fast-fashion Marke zu einer Marke wechseln, die genauso günstig ist, aber etwas nachhaltiger ausgerichtet ist. Damit würdest du schon etwas bewirken.
3.) Kaufe weniger Kleidung, dafür aber nachhaltig produzierte mit natürlichen Materialien, wie beispielsweise Baumwolle. Das ist nachhaltig UND spart Geld.
4.) Tausche Kleidung mit deinen Freundinnen, kaufe Second Hand ein oder repariere Kleidung. Für spezielle Anlässe, wie Hochzeiten oder Opernbälle kann man auch Kleidung mieten.
Nutze deine Macht als Konsumentin: Mit deinem Geldbeutel kannst du wählen: welches Geschäftsmodell fördere ich und welches nicht? Natürlich ist es für geringverdienende Frauen sehr schwierig, fair und nachhaltig einzukaufen. Die Konsumentin darf aber auch nicht verantwortlich gemacht werden für die niedrigen Preise und die unfaire Entlohnung in der Modebranche. Verantwortlich dafür sind die Firmen und die Regierung. Sie müssen für das kaputte System zur Rechenschaft gezogen werden.
Ein Anfang hat der Bundestag mit dem Lieferkettengesetz gemacht. Erstmalig werden Unternehmen stärker in die Pflicht genommen. Das ist ein Etappenerfolg, es gibt aber noch viele Schwächen. Deshalb sind wir noch nicht am Ziel. Alle gemeinsam müssen wir uns noch stärker für nachhaltigere Modeproduktion und faire Gehälter einsetzen – sowohl beim Einkauf, als auch politisch.
Quellen:
The Guardian Artikel „What’s the price of fair fashion?” vom 29. Juli 2021, G2, Seite 6-7.
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